Der reiche Onkel aus Amerika

Saas Fee, von Onkeln und Professoren

Bürchen, 14. Juli 2015: Katerstimmung bei moosalbi.ch nach der Abstimmung betr. der Kurtaxen in Saas Fee von gestern. Moosalbi.ch fragt sich, warum die vier Gmeinden so entschieden haben — und entdeckt dabei doch allerhand Erstaunliches.


Wenn der reiche Onkel Druck macht…

Vor etwas mehr als 30 Jahren wurde die höchste Standseilbahn der Welt eröffnet. Glaubt man den Ausführungen im alpinformum.com, so war diese Investition nicht umbedingt Top of Europe. Vielmehr resultierte ein Schuldenberg, der nur mühsam abgebaut werden konnte. Kurz und gut, um die Bergbahnen stand es mehrfach nicht besonders gut. Dies führte im Jahre 2002 dazu, dass ein französischer Investor mit ca. 40 Prozent des Aktienkapitals bei den Bergbahnen von Saas Fee einstieg.

Knappe 10 Jahre später veräusserte der Investor das Aktienpaket wieder, gekauft wurde das Paket von Dr. Edmond Offermann, der in diversen Zeitungsarikeln auch als der reiche Onkel aus Amerika (NZZ 25.1.201) beschrieben wurde. In besagtem Artikel ist die Rede davon, dass Herr Offermann sich in Saas Fee verliebt habe und darum 15 Millionen investiere. Zwei drei Jahre später sieht die Geschichte weniger rosig aus. Hedge-Fonds Mogul macht Druck auf Schweizer Skiort (finews.ch vom 5.2.2013) lautet die Schlagzeile, denn der reiche Onkel aus Amerika sieht sich mit jährlichen Fehlbetragen in höherem Millionenbereich konfrontriert.

Zwar weist die mittlerweile in Saastal Bergbahnen umgetaufte Firma gemäss Abschluss für das Geschäftsjahr 2013/2014 nur noch einen Verlust von ca. 1.081 Millionen (Seite 29) aus, um dann auf Seite 32 dennoch einen Fehlbetrag über ca. 3.5 Millionen auf das nächste Geschäftsjahr zu überschreiben, dies unter Auflösung von freiwilligen Reserven über 2.545 Millionen. Ohne das "Anknabern" der Reserven hätten gar 6.045 Millionen Verlust auf das laufende Geschäftsjahr überschrieben werden müssen.

Die Saastal Bergbahnen Aktien machten parallel dazu zwischen dem 3. und 4.2.2015 einen Taucher von 1.05 Franken auf 0.1 Franken (Quelle: http://www.finanzen.ch/chart/Saas-Fee_Bergbahnen), womit der Aktienkurs um den Faktor höher als 1:10 "verkleinert" wurde. Will heissen, das mit 21 Millionen librierte Aktienkapital ist auf dem freien Markt gegenwärtig noch 2.1 Millionen wert. Kein Wunder, dass der reiche Onkel aus Amerika keine Freude am Geschäftsgang der Saastal Bergbahnen AG hat.

Neuerdings scheint Herr Offermann eine andere Strategie zu verfolgen. Seit dem Jahre 2012 kauft Herr Offermann Hotel um Hotel in Saas Fee auf. Unter dem Label DOM Collection stehen mittlerweile drei grosse Häuser in seiner Einflusssphäre, das letzte Haus, das Hotel Du Glacier wurde soeben gekauft, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist. Ebenfalls geplant sind umfangreiche Ausbauten, die Baugeingabe für das Hotel DOM erfolgte per 11.07.2015, also just zwei Tage vor der Abstimmung betreffend der Erhöung der Kurtaxen vom 13. Juli 2015. Selbstverständlich sind jegliche Zusammenhänge im Zeitplan zwischen den Aktivitäten des Herrn Offermann und den Gemeinden betreffend der Kurtaxen rein zufälliger Natur. Ein Schelm, wer anderes dabei denkt.

Die unheilige Allianz der Bergbahnen und der Marketing AG

Interessant in diesem Zusammenhang sind die Eigentumsverhältnisse im Saaser Tal. Zunächst besitzt Herr Offermann 39.04 Prozent offengelegte Aktien gemäss Geschäftsbericht 2013/2014 der Saastal Bergbahnen AG (Seite 36). Burger-, Munzipalgemeinde und der Tourismusverein besitzen zusammen dageben nur 30.76 Prozent, womit Herr Offermann klarerweise das Sagen haben dürfte. Die Bergbahnen Saastal AG sind mit 40 Prozent an der Marketing Saastal AG beteiligt, die übrigen 60 Prozent der Marketing Saastal AG sind im Besitz des Vereins Saas-Fee/Saastal Tourismus, wobei dieser Verein wiederum im Besitz der Gemeinden ist (Geschäftsbericht 2012/2013, Seite 1). Ein Geschäftsbericht des Vereins Saas-Fee/Saastal aus dem Jahre 2013/2014 konnte nicht gefunden werden, wohl aber der Geschäftsbericht 2012/2013.

Das Gesamtbudget beträgt 4.253 Millionen, wobei die Kurtaxen 2.213 Milllionen ausmachen (Seite 21). Dies bedeutet, dass die Erträge je etwa zur Hälfte aus den Kur- bzw. den Beherbergungstaxen stammen. Somit kann fürs Marketing in etwa die Hälfte des Budgets ausgegeben werden. Nun wurden bei den Marketingausgaben 1.215 Millionen verbucht. Allerdings enthalten die Marketingausgaben keine Lohnkosten, keine Betriebsaufwände, Abschreibungen etc. Da sowohl die Kur- wie die Beherbergungstaxen sich wie erwähnt die Waage halten, sind die allgemeinen Ausgaben je zu 50 Prozent den Marketingkosten zuzuschreiben.

Dabei entfällt von 2.328 Millionen an übrigen Auslagen (Lohn- und Betriebsaufwand) die Hälfte, d.h. 1.164 Millionen fürs Marketing. Ferner ist nicht einzusehen, weshalb die Gemeinde und Vereine mit 0.207 Millionen "beschenkt" werden. Dies ergibt insgesamt Auslagen von 1.215 (Marketing), Verwaltung (1.164) sowie externe Kosten Gemeinde/Vereine (0.207) über 2.586 Millionen, die klarerweise nicht den Kurtaxen angelastet werden können. Dies bedeutet, 4.253 minus 2.586 = 1.667 Millionen. Dieser Betrag ist den Kurtaxen zuzuweisen, bei 2.213 Millionen wurden daher 0.546 Millionen aus den Erträgen der Kurtaxen für Marketing- oder andere Projekte verwendet. Bei den obigen Zahlen handelt es sich um Näherungswerte, denn eine separate Buchführung, welche die Aufwände je für die Kurtaxen und die Marketingaktivitäten aufschlüsselt, fehlt in der Abrechnung 2012/2013 leider.

Der Geschäftsbericht ist insofern "ehrlich", als dass auf Seite 7 steht: "Der Sanierungsbeitrag der Bergbahnen erfolgt über eine Tariferhöung…" beim Bürgerpass von 3.50 auf 4.50. Weiter steht, dass nur gerade 31 Prozent der taxpflichtigen Gäste im Sommer 2013 von den Angeboten des Saaspasses profitierten. Sollte die Kurtaxenerhöhung vom 13.7.2015 eingeführt werden können, werden 69 Prozent der Gäste ein Angebot für 31 Prozent der Gäste finanzieren, das sie nie in Anspruch nehmen. Einmal davon abgesehen, dass über die Kurtaxen die Bergbahnen nicht finanziert werden können, entspricht der Saaspass nicht einmal einer Nachfrage, sondern es geht primär darum, den Betrieb der defizitären Bergbahnen zu subventionieren. Wenig erstaunlich daher, wenn auf Seite 18 steht, dass der Tourismusverein für 0.792 Millionen Franken Aktien bei den Bergbahnen Saastal in der Bilanz hält.

Wenn der Professor Einsitz in der Marketing AG nimmt

Die finanziellen Verhältnisse der Saastal Bergbahnen sind seit längerem mehr als angespannt. Die Anlagen sind überaltert, der Investitionsbedarf ist immens, ein nach marktwirtschaftlichen Kriterien geführter Betrieb der Bahnen, der z.B. eine Schliessung der Bahnen im Sommer zur Folge hätte, würde wirtschaftlich gesehen Sinn ergeben, lässt sich jedoch aus personalpolitischen Gründen kaum realisieren. Letztlich sind die Bergbahnen ein wichtiger Arbeitsgeber, 95 Vollzeitmitarbeiter werden im Geschäftsbericht 2013/2014 ausgewiesen, unzählige Teilzeitarbeiter/innen kommen dazu, in einem Dorf mit kanpp 1'200 Erwerbstätigen arbeitet so wohl übers Jahr gerechnet jede/r zehnte Einwohner/in für die Bergbahnen Saastal AG. In der Tourismusorganisation sind nochmals mehr als 25 Personen angeführt. Kurz und gut, das Saastal leistet sich eine touristische Infrastruktur, die wirtschaftlich gesehen nicht funktioniert bzw. seit Jahren über die Bergbahnen Minuserträge im Millionenbereich generiert.

Anstatt den wirtschaftlichen Realitäten in die Augen zu schauen, werden laufend neue Konzepte erarbeitet, werden Tourismusorganisationen fusioniert, erneut gegründet, mit noch mehr Stellen besetzt, ohne dass die Destination vom Fleck kommt. Der Saaspass funktioniert nicht, weil die Nachfrage nicht besteht, die Erlebnistaxe war/ist ein Stammgästevertreiber par excellence (Espresso-Beitrag vom 30.3.2015), die nun genehmigte Kurtaxe ist juristisch nicht haltbar, und wäre es sie, wird sie noch mehr Stammgäste vertreiben, die Abwärtsspirale dreht sich weiter und weiter.

Erstaunt nimmt moosalbi.ch zur Kenntnis, dass seit dem 29.5.2015 ein Mandat des Instituts für Tourismus der Hochschule Luzern mit dem klingenden Namen "Smart Marketing Saastal" läuft. Finanziert wird das Projekt durch die KTI-HSLU als Hauptgesuchsteller/in, die IS – Tourismus und nachhaltige Entwicklung sowie über die allgemeine Forschungsfinanzierung. Forschungsleiter ist Prof. Dr. Jürg Stettler, der seit dem Jahre 2014 auch gleich selber im Verwaltungsrat der Saastal Marketing AG Einsitz nimmt. Wie unabhängig kann ein Professor forschen bzw. beraten, wenn er gleichzeitig als Verwaltungsrat amtet? Sagen wir es so, wenn der Verwaltungsrat Prof. Dr. Jürg Stettler ein Marektingkonzept für die Sasstal Marketing AG beurteilt, so müsste er ebenfalls die rechtlichen Rahmenbedingungen beurteilen. Er könnte dies (wahrscheinlich) auch (besser), wenn er nicht gleichzeitig als Studienleiter amten würde.

Wenn der Professor sich entschuldigt

Erklärtes Ziel des Projektes "Smart Marketing Saastal" ist es, ein neues Marketing-Konzept zu erarbeiten. Die entsprechenden Ziele finden sich im Dokument 'Strategische Leitlinien'. Darin finden sich auf Seite 8 Sätze wie 'Die Destination Saas-Fee/Saastal wendet die Kurtaxe sowie die Tourismusförderungstaxe an, nicht aber die Beherbergungstaxe' oder 'Teile der Bergbahnleistungen im Sommer (BB inkl.) der elektrischen Gästekarte (eGk) sollen über die Kurtaxenerträge mitfinanziert werden'. Einmal davon abgesehen, dass dies bereits im Jahre 2012/2013 mit ca. 0.5 Millionen der Fall war, lässt sich dies mit dem Walliser Tourismusgesetz vom 1.1.2015 in keinster Weise vereinbaren.

Erstaunt liest moosalbi.ch auf Seite 9 weiter, dass bei 'Governance' auch die friendsofsaasfee.ch mit Herrn Meinrad Eberle vertreten waren, jedoch lässt sich besagter Herr Meinrad Eberle für das Meeting vom 23. Juni 2014 entschuldigen, für den zweiten Workshop wird vermerkt 'Teilnehmerkreis analog Workshop 1'. Bei Herrn Prof. Dr. Meinrad K. Eberle handelt es sich um den ehemaligen Direktor des Paul Scherrer Instituts (bis 2002), der in den Walliser Alpen für diverse Aktivitäten zeichnet(e) wie z.B. als Projektleiter für den Bau der neuen Monte Rosa Hütte, oder auch in Saas Fee selber für das Projekt mit dem vielsagenden Titel Touristische Luftschlösser im Saastal (Walliser Boote, 13.1.2015).

Moosalbi.ch hat mit Herrn Prof. Dr. Meinrad K. Eberle am 9. Juli ein Telefonat geführt, weil moosalbi.ch der Meinung war, die friendsofsaasfee.ch würden die Interessen der Zweitwohnungseigentümer/innen bündeln. Herr Prof. Dr. Meinrad K. Eberle sagte anlässlich des Telefonates sinngemäss, eine öffentliche Stellungnahme seitens des Vereins sei nicht geplant, er werde aber beim Gemeinderat vorsprechen. Moosalbi.ch wusste damals nicht, dass Herr Prof. Dr. Meinrad K. Eberle selber am Prozess des Kurtaxenreglementes beteiligt war (wenn er auch in erster Linie durch Abwesenheit glänzte). Moosalbi.ch stellt am 14. Juli fest, dass die friendsofsaasfee.ch kaum die Interessen der Eigentümer/innen von Zweitwohnungen in Saas Fee wahrzunehmen gewillt ist. Dazu passt leider, dass friendsofsaasfee.ch gemäss eigener Website seit dem Jahre 2013 gar keine Aktivitäten entfaltet hat, wird dort noch immer zur Inaugural meeting am Friday, December 27, 2013 eingeladen.

Was vom Tourismus im Saaser Tal vorerst bleibt…

Fakt ist und bleibt, dass die geplante Kurtaxenerhöhung die Eigentümer/innen der Zweitwohnungen, welche das Objekt selber nutzen, stark benachteiligt bzw. schleichend enteignet, selbst wenn das Objekt zur Miete ausgeschrieben wird. Gewinnerin ist die Saastal Bergbahnen AG, welche mit Millionenbeträgen subventioniert wird, weil die Eigentümer/innen von Zweitwohnungen jährlich mehrere Millionen an Kurtaxen zwangsweise in die Bergbahnen transferieren. Damit wir uns richtig verstehen, moosalbi.ch hat nichts dagegen, wenn die Eigentümer/innen der Zweitwohnungen sich an den Bergbahnen Saastal AG beteiligen (können), jedoch nicht über die Kurtaxe unter Zwang und ohne Mitwirkungsrechte.

Fakt ist aber weiter auch, dass die Hotels und die Parahotellerie mit vorliegendem Reglement stark bevorteilt werden, weil diese ihre Angebote entsprechend günstig halten können, indem ein all-inklusive-Angebot angeboten werden kann, dass bisher stets und wiederkehrend nur Verluste eingefahren hat. In diesem Sinne dürfte primär Herr Offermann zufrieden sein, weil sein Investment in die Bergbahnen durch die Kurtaxen der Eigentümer von Zweitwohnungen sichergestellt wird und er über die eigenen Hotelbetriebe der DOM Collection gleich nochmals profitiert, indem er diese Angebote günstiger auf den Markt bringen kann.

Zu den Verlierern neben den Eigentümer/innen von Zweitwohnungen zählen die Gemeinden im Saaser Tal, welche mit jedem Jahr mehr und mehr in die Abhänigkeit des reichen Onkels von Amerika geraten. In diesem Sinne erstaunt das Abstimmungsverhalten nicht mehr sonderlich. Bleibt abzuwarten, ob die Eigentümer/innen von Zweitwohnungen diese als Kurtaxen getarnte Zweitwohnungssteuern "schlucken" werden. Liebe Freunde von Saas Fee, wehrt Euch, sobald das Reglement durch den Staatsrat homologiert wird, nur so ist Eure Zweitwohnung vor dem Zugriff der Marketing-Engine des Saastals sicher.

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