Nichtige Rechnungen in Bürchen — bestätigtes Mehr an Zweitwohnungen

2c_272/2019: Dreistheit im Multipack Foren Zweitwohnungen   Nichtige Rechnungen in Bürchen — bestätigtes Mehr an Zweitwohnungen

Dieses Thema enthält 5 Antworten und 3 Stimmen. Es wurde zuletzt aktualisiert von  stef167 Vor 5 Jahre. 8 Monate.

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    admin
    Keymaster

    Etliche Zweitwohnungseigentümer/innen meldeten sich „frustriert“ bei mooszwergli.ch, warum nach dem Entscheid des Bundesgerichtes gerade gestern und heute Rechnungen mit 49 Nächten verschickt würden? Ebenfalls stiess sauer auf, dass eine hohe Anzahl von Gästekarten verteilt wird, welche diese gar nicht wollen. Sollen damit hohe Logiernächte „hergezaubert“ werden?

    Mooszwergli.ch war heute zufälligerweise auf dem Tourismusbüro. Frau A. hat mir dort die folgende Mitteilung betr. dem Versand ausgehändigt:

    http://moosalpregion.ch/infosundevents/wissenswertes/news/news.php?articleid=3-ui

    Kurz und gut, das Tourismusbüro zieht die Rechnungen zurück. Unabhängig davon, dass dem der Fall ist, sei hier nochmals angefügt. Niemals Rechnung zahlen, ohne dass eine Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist.

    Frau A. konnte nicht sagen, wann neue Rechnungen verschickt würden. Jene gut 60 Eigentümer/innen, die im letzten Jahr betr. Wohnungsgrösse oder anderer Punkte eine Einsprache machten, müssten beim erneuten (korrekten) Versand diese auch dieses Jahr anfechten, und zwar solange, bis die bestehenden Einsprachen behandelt sind bzw. die Rechnungen entsprechend angepasst werden. Alle anderen können im Grundsatz zwar auch eine Einsprache machen, doch müssten sie sich wohl die Frage gefallen lassen, warum sie die Rechnung vom letzten Jahr akzeptierten.

    Nachgefragt wurde, wann, wie und wieviele Rechnungen verschickt worden seien? Gegen 800 Rechnungen seiten letzte Woche per B-Post verschickt worden. Weil die Post einige Tage benötigte, sei es zu diesem „bedauerlichen“ Missverständnis gekommen.

    Mooszwergli.ch machte dabei darauf aufmersam, dass es den Verantwortlichen an Ehrlichkeit fehle, wenn mit 750 Zweitwohnungen gerechnet werde, gleichzeitig aber gegen 800 Rechnungen verschickt würden. Dies umso mehr, als die gegen 800 Rechnungen nicht die gesamte Anzahl der Zweitwohnungen ausmachen.

    Frau A. konnte zumindest folgen, dass bei den verschickten ca. 800 Rechnungen nicht alle Zweitwohnungen erfasst seien, sondern ja nur jene eine Rechnung erhalten, die entweder in Bürchen wohnen und vermieten oder auswärtig sind. Kurz und gut, jene die in Bürchen wohnen und eine nicht vermietete Zweitwohnung haben, erhalten keine Rechnung.

    Mooszwergli.ch hat gegenüber dem Tourismusbüro klar zum Ausdruck gebracht, dass die Gemeinde folglich bei der Zahl von 750 Zweitwohnungen (Verfahren vor Bundesgericht) bewusst gelogen habe. Dem fügte mooszwergli.ch an, dass Vertrauen nicht dadurch entsteht, dass an allen Ecken und Enden (aus welchen Gründen auch immer) unrichtige Zahlen präsentiert werden.

    Weil nun die Anzahl der Zweitwohnungen weit höher ist, entstehen zu viele Nächte pro Zweitwohnung (weniger Objekte = mehr Nächte, mehr Objekte = weniger Nächte). Mit anderen Worten, die von mooszwergli.ch ermittelte Zahl von 850 bis 900 Zweitwohnungen bzw. guten 20 Nächten pro Bett und Jahr trifft zu. Konkret ergeben sich die folgenden Zahlen:

    78'099 Nächte (2016/17) / 850 Zweitwohnungen / 4.4 Betten pro Wohnunge = 20.88 Nächte

    Bei 900 Zweitwohnungen ergibt sich folgende Zahl:

    78'099 Nächte (2016/17) / 900 Zweitwohnungen / 4.4 Wohnungen = 19.72 Nächte

    Von diesen Zahlen können ca. 9 Prozent als „Grauziffer“ hinzugefügt werden. Dies ergibt bei 850 Zweitwohnungen 22.75 Nächte, gerundet 23 Nächte. Bei 900 Zweitwohnungen sind es 21.49 Nàchte.

    An sich wollte mosszwergli.ch dies den neuen Chefs von Bürchen Tourismus mitteilen. Frau A. sagte mir, die beiden Personen arbeiteten „nur“ zu 50% und seien bis zum Wochenende (frühestens Freitag) nicht anwesend. Da stellt sich dann doch die Frage, ob die Chefs an ihrem anderen Aufenthaltsort korrekt Kurtaxe abliefern? Oder ob nicht der Lebensmittelpunkt bei einem 50%-Pensum gar nicht in Bürchen liegt?

    Mooszwergli.ch hat heute betr. Bundesgerichtsurteil – wie angekündigt – einen Anwalt konsultiert. Der Antwalt sagte, wichtig sei, dass das Reglement betr. Nächte aufgehoben sei. Jetzt müsse das Verfahren neu aufgerollt werden und diesbezüglich stünden allen Eigentümer/innen sämtliche Rechte erneut zur Verfügung, falls es nicht stimme.

    #9457

    Roli
    Mitglied

    Nun, der ganze Ablauf scheint sehr spannend zu sein. In Unterbäch ist ja das Urteil des Bundesgerichtes auch bekannt, es sind 30 Tage statt 35. Somit soll Unterbäch eine bessere Auslastung haben als Bürchen?? Allerdings kann sich die Gemeinde mit den Einsprechern ja einigen, ob dann andere noch Einsprache machen können weiss ich nicht.
    Die Vorgehensweise zum Betrag der Kurtaxe war ja bei einigen Gemeinden identisch:
    1. Welchen Betrag benötigt die Gemeinde
    2. Wie können die benötigten Tage plausiebel gemacht werden
    3. Welcher Betrag pro Bett und Tag wird eingesetzt damit der benötigte Betrag erreicht wird.

    Da scheinen die verschiedenen Gemeinden bessere oder schlechtere Arbeit geleistet zu haben (oder die Einsprecher). Das Bundesgericht urteilt ja anhand von Fakten und das sind die gelieferten Unterlagen.

    Grundsätzlich ist es schade, dass sich die Gemeinden der Augstbordregion nicht zusammenfinden, zum Vorteil der Gäste aber leider bastelt jede für sich und somit zum Nachteil der Gäste aber auch der ZWB (oder sind das vielleicht auch Gäste?).

    #9461

    admin
    Keymaster

    Ich habe das Urteil aus Unterbäch auch gelesen — habe es sogar noch kurz mit einem Anwalt gestern besprochen.

    Rechnerisch hat die Gemeinde 15 Nächte, so steht es im Urteil. Dem ist anzufügen, dass dabei die Kindernächte falsch abgerechnet sind. Dies wurde im Verfahren nicht bemerkt, weder von der Gemeinde, noch vom Kläger und auch nicht vom Bundesgericht. Faktisch sind es deshalb noch weniger Nächte.

    Das Bundesgericht sagt ja, dass die Anzahl der bisherigen Nächte stimmt und folgert daraus, dass 30 Nächte trotzdem möglich seien, weil sie bisher verrechnet wurden. Nur, das Bundesgericht unterliegt einem eklatanten Denkfehler. Es hätte nämlich feststellen müssen, dass mit neuem Reglement doppelt so viele Betten im Vergleich zur alten Regelung verrechnet werden.

    Wer glaubt, das Bundesgericht urteile immer aufgrund Fakten, dem sei in Erinnerung gerufen, dass dem längst nicht so ist, wie mein Urteil exemplarisch zeigt:

    Urteil 2c_742/2017: 25 anstatt 56 Nächte

    Wer das Urteil von Unterbäch genau liest, dürfte ähnliches feststellen. Der Anwalt meinte im übrigen zu allen Urteilen, wichtig sei nicht, ob das Urteil in allen Ecken und Enden stimmig sei. Aufgehoben sei aufgehoben. Es müsse jetzt ein neues Verfahren (inkl. Vernehmlassung!) geben, danach könne jede/r wieder entscheiden, ob er/sie nochmals klagen wolle.

    Betr. gemeinsamen Vorgehens in den Schattenbergen: Ohne gemeinsame Tourismusstruktur können die Gemeinden nicht gleiche Ansätze festsetzen. Unterbäch hat (MIT Grauziffer) plus/minus 15 Nächte. Dieser Ansatz passt nicht auf Bürchen, Eischoll kann ich nicht beurteilen, aber ich meinte dort gilt noch das alte Reglement.

    Zusammengefasst, Fakt ist, alle Reglemente sind aufgehoben. Es wird neue Verfahren geben, die zuviel bezahlten Kurtaxen sind anzurechnen. Ob dies weise im Voraus (wie im Goms) oder zähneknirschend im Nachhinein erfolgt, spielt keine Rolle. Absolut unzulässig ist es (Idee von Bellwald), nur den Kläger/innen die Differenz zurückzuzahlen.

    #9597

    Roli
    Mitglied

    Heisst das nun, dass in Unterbäch 15- statt 30 Tage korrekt wären?

    #9601

    admin
    Keymaster

    Wenn alle Gemeinden und die Zahlen angeschaut werden, so sind die Zahlen in Unterbäch (vielleicht zusammen mit Törbel) am tiefsten. Daraus resultieren für Unterbäch 15 Nächte (ohne Grauziffer). Nun sind in Unterbäch aber die Kinder nicht austariert, sodass es (ohne Dunkelziffer) keine 15 Nächte sind.

    Es ist schwierig, die Aussagen des Bundesgerichtes zu interpretieren. Insbesondere die Zahl 30. Was das Bundesgericht nicht erkannte, ist, dass mit dem neuen Reglement deutlich mehr Betten fakturiert werden. Der Vergleich zum alten Reglement hinkt hier gewaltig. Faktisch würde dies bedeuten, dass für die Zweitwohneden (mit der Methodik des alten Reglementes) anstelle von 30 dann plus/minus 60 Nächte entstünden.

    Natürlich erscheinen 15 Nächte tief. Nur, umfasst diese Zahl eben alle Betten. Bei 15 Nächten und 5 Betten sind es 75 Nächte für vielleicht zwei Erwachsene und zwei Kinder. Dies ergäbe dann wieder 25 Nächte für drei Erwachsene. Letztlich liegt es in der Methodik der Berechnung, dass derart tiefe Nächte entstehen.

    Ebenfalls tief sind die Nächte auch, weil alle Nächte in den Zweitwohnungen der Einheimischen nicht erfasst werden, auch wenn dort viele Auswärtige Verwandte, Bekannte und Freunde der Einheimischen übernachten, welche an sich kurtaxenpflichtig sind. Allerdings ist das Urteil 2c_672/2017 (Moutathal) klar:

    https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://08-10-2018-2C_672-2017&lang=de&zoom=&type=show_document

    Das Bundesgericht hält dort klar fest, die Zweitwohnungen der Einheimischen seien im Sinne der Kostennähe nicht zu berechnen. Alle Argumente meinerseits, dass (wenn die Zweitwohnungen der Einheimischen ausgenommen würden) damit einer Vermietung unter der Hand Vorschub geleistet würde, dass es problematisch sei, wenn jemand z.B. nur wenige Nächte vermiete und dabei die gesamte Jahrespauschale zahlen müsse etc, all diese wurde nicht beachtet — weil der Rechtsnachteil nicht genügend ausgewiesen worden sei.

    Der Anwalt sagte mir, wichtig sei einzig, dass die Reglemente aufgehoben seien. Kurz und gut, das Prozedere startet von neuem. Richtig ist, dass das Bundesgericht gewisse Nächte im Sinne einer Dunkelziffer als gegeben erachtet. Gemäss Urteil Leukerbad sind dies 9 Prozent, doch ist das Bundesgericht nicht Gesetzgeber.

    Gesetzgeber sind die Gemeinden unter Mitwirkung der Tourismusbeteiligten. Die Anzahl der Nächte ist dabei korrekt neu zu berechnen. Dabei sind die aktuellen bekannten Logiernächte zu verwenden, dies wären die Jahre 2015/2016 und 2016/2017.

    Leider hat das Bundesgericht die Frage der Vernehmlassung offengelassen, doch sieht das Tourismusgesetz nach Art. 17 Abs. 2 eine Konsultation (Vernehmlassung) vor. Die Verordnung zum Tourismusgesetz ist diesbezüglich klar:

    Art. 11, Reglement über die Kurtaxe und/oder die Beherbergungstaxe
    1 Das Reglement über die Kurtaxe und/oder die Beherbergungstaxe muss,
    bevor es der Urversammlung zur Genehmigung unterbreitet wird, den lokalen Tourismusbeteiligten zur Vernehmlassung unterbreitet werden.
    2 Die Bestimmungen des Gemeindegesetzes sind anwendbar.

    In diesem Sinne ist nach Art. 102 Gemeindegesetz eine Vernehmlassung durchzuführen. Chance einer ordnungsgemässen Verabschiedung ist, dass die Nächte nicht einfach stumm in die Urversammlung gingen, sondern zuvor eine Diskussion stattfindet.

    Am Ende des Prozesses stehen neue Reglemente zur Verfügung. Betroffene können dann noch immer die Reglemente betr. der Nächte anfechten, sofern die Nächte nicht stimmen.

    Hätte gerne eine kürzere Antwort gegeben, doch lässt sich dies aus den Urteilen eben nicht herauslesen.

    P.S: Und noch etwas sei hier hinzugefügt. Es gibt in Bürchen ja "nur" 25 Nächte, weil die Gemeinde unwahre Angaben bei der Anzahl Zweitwohungen machte. Soweit ich es für Unterbäch überprüfen konnte, stimmt dort die Anzahl der Zweitwohnungen. Folglich erhielt Bürchen zu Unrecht eine viel zu hohe Anzahl von Nächten (weniger Zweitwohnungen = mehr Nächte). Es wäre geradezu grotesk, wenn das offensichtliche "Lügen" in Bürchen belohnt und das korrektere Rechnen in Unterbäch für die Zweitwohenden eine zu hohe Anzahl Nächte zur Folge hätte.

    #9876

    stef167
    Mitglied

    Dieser Verlauf ist sehr interessant! Mooszwerglich gebührt grossen Dank für diese enorme Arbeit, die zu diesem Ergebnis geführt hat: Die Kurtaxe muss neu berechnet werden, unter Einbezug aller Tourismusbeteiligter! So lautet das Fazit des Bundesgerichtsentscheids. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg!
    Ich frage mich, ob die Betroffenen – die Zweitwohnenden in Bürchen – über diese neue Gegebenheit informiert sind. Die Webseite von Bürchen Tourismus ist ja keine einschlägige Informationsquelle, zumal sich viele Zweitwohnende ja nicht als Touristen fühlen und keinen Anlass sehen, diese Plattform zu beachten. Ein Zweitwohnsitz ist ja nicht automatisch touristisch, wie dies leider immer wieder falsch verstanden wird.

    Nun können die Zweitwohnenden gespannt sein, wie das Gewurstel in Bürchen weiter geht: Nachdem mit den Projekten 'Kalte Betten' und 'Lenkungsabgabe' das Vertrauen zerstört wurde, hat auch der Versuch, das neue Tourismusgesetz anzuwenden, den Vertrauensverlust nochmals massiv erhöht: Was kommt als nächstes?
    Bürchen Tourismus ist gut beraten, nun alles zu tun, um schrittweise das Vertrauen der Zweitwohnenden aufzubauen.
    Mooszwergli sei nochmals bestens gedankt für seine bewunderswerten Analysen und Strategien, die nun allen Zweitwohnenden und auch dem Bürchen Tourismus eine neue Chance geben!! Mit der Faust im Sack ist die Lebensqualität an einem Zweitwohnort vergiftet, und ich wünsche dem Bürchen Tourimus eine Entgiftungskur!

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