Von Recht, Gemeinderäten und Tourismus

Bürchen, 21. Juni 2015. Vor einigen Tagen hat moosalbi.ch Post erhalten. Die Gemeinde Bürchen teilt darin mit (Medienmitteilung siehe hier), dass die eingereichten Beschwerden gegenstandslos geworden seien, die Gemeinde werde das Reglement unter einer geänderten rechtlichen Grundlage, dem Tourismusgesetz, rasch vorantreiben. Moosalbi.ch geht in diesem Beitrag der Frage nach, ob dies genügt bzw. was allenfalls notwendig wäre, damit Gäste in Bürchen sich willkommen fühlten.

Auch wenn der Gemeinderat von Bürchen es natürlich nicht zugibt: das von der Urversammlung verabschiedete und nunmehr beerdigte Reglement hätte vor der Verfassung des Kantons Wallis und der scheizerischen Eidgenossenschaft nie und nimmer standgehalten. Ganz nach dem Motto, es wenigstens versucht zu haben, boxte der Gemeinderat eine Vorlage durch, die von allem Anfang an weder eine rechtliche Grundlage hatte noch inhaltlich den Grundsätzen einer Steuer genügte.

Der Aufwand für alle Beteiligten war und bleibt gigantisch. Da sind einmal mehr als 300 Bechwerden aus dem Jahre 2013, die nicht behandelt werden, dann sind 44 Beschwerdeführer/innen im Jahre 2014, die einzeln vor die Gemeinde zitiert wurden und dann ist da jenes gute Dutzend Beschwerden (mit mehr als 30 Eigentümer/innen), welche innert 30 Tagen im Jahre 2015 an den Staatsrat gelangen mussten, um diesem Irrsinn soviel Gegensteuer zu geben, bis endlich der Gemeinderat nach drei Monaten eine 180 Grad Kehrtwende vollzieht. Wer die Medienmitteilung liest, erhält nicht das Gefühl, der Gemeinderat würde das Vorgehen bedauern, vielmehr dringt da einzig durch, hat leider nicht geklappt, jetzt machen wir es übers Tourismusgesetz.

Moosalbi.ch fragt sich da schon, wie der Gemeinderat, der angibt, die Infrastruktur praktisch nicht aufrechterhalten zu können, für solche Leerläufe derart viel Zeit finden kann. Wie kann er es verantworten, dabei die eigenen Einwohner/innen derart mit Missinformationen einzudecken, dass diese dem bürokratischen Leerlauf am Ende noch zustimmen? Wie kann er es verantworten, dass dabei die wichtigsten touristischen Gäste über Jahre verärgert werden, obwohl es (gerade nach dem neuen Tourismusgesetz) seine Pflicht wäre, eine nachhaltige Tourismuspolitik zu betreiben?

Der Scherbenhaufen ist weit grösser, als der Gemeinderat dies wahrscheinlich wahrzunehmen in der Lage ist. Wie soll moosalbi.ch und alle anderen betroffenen Zweitwohungseigentümer/innen dem Gemeinderat je wieder über den Weg trauen, wenn so mit einem umgegangen wird? Faktisch ist es doch so, dass diejenigen, welche Beschwerde einlegten, einen extrem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand hatten. Wer sich denn einmal, wie moosalbi.ch, durch die Gesetze wühlt, muss eingestehen, dass es unglaublich schwierig ist, sich innert 30 Tagen korrekt zu wehren – und nur wenn dies gelingt, wird es von Rechtes wegen beachtet. Demgegenüber kann sich der Gemeinderat jedwelche Kapriolen erlauben, bezahlt wird es durch Steuergelder und durch die Beschwerdeführer/innen, welche für ihren Aufwand nur ein Trinkgeld erhalten – wenn überhaupt.

Und wenn der Gemeinderat im Juni 2015 schreibt, die rechtliche Grundlage im neuen Tourismusgesetz zu finden, dann hätte der Gemeinderat dies unschwer bereits im Dezember 2014 feststellen können; damals im Dezember war längst klar, dass das neue Tourismusgesetz per 1. Januar 2015 in Kraft treten wird. Allerdings sieht das neue Tourismusgesetz bei den Gebühren nach wie vor nur eine Kurtaxe vor, die von allen Gästen zu entrichten ist. Weiter besteht die Möglichkeit bei denjenigen, welche Wohnraum an Gäste gegen Entgelt vermieten, enweder eine Beherbergungstaxe ODER eine Tourismusförderungsabgabe einzufordern. Die Kurtaxe ist zweckgebunden für das Aufrechterhalten des Gästeangebotes (Tourismusbüro, Wanderwege, Spielplätze, Feuerstellen) einzusetzen, die Beherbungs- oder Tourismusförderungstaxe kann auch für Marketingzwecke verwendet werden.

In Erinnerung zu rufen sei an dieser Stelle, dass das Walliser Volk das damalige Tourismusgesetz im Jahre 2009 bachab schickte, weil es die Möglichkeit vorsah, die Zweitwohnungseigentümer/innen zu besteuern und dass eine solche Besteuerungsmöglichkeit der Zweitwohnungen im nun gültigen Tourismusgesetz 2015 explizit nicht enthalten ist. In diesem Sinne erstaunt es doch sehr, wenn der Gemeinderat von Bürchen erneut eine Arbeitsgruppe bilden will, um das alte (unsinnige) Ansinnen der Besteuerung von Zweitwohnungen weiterzuverfolgen. Der Gemeinderat täte gut daran, sich endlich einmal dem Kerngedanken einer jeden Tourismusdestination anzunehmen. Es geht nicht darum, soviel von den Gästen abzuschröpfen, dass diese nicht mehr bzw. nur noch mit Widerwillen kommen, sondern es ginge an sich darum, Bürchen derart attraktiv zu machen, dass die Gäste Ja zum Gesamtangebot sagen und gerne wieder kommen, immer wieder und immer öfter.

Bürchen hätte – im Unterschied zu vielen anderen Destinationen, die es weit schwieriger haben dürften – durchaus Pluspunkte. Da ist einmal die klimatische Lage (wenig Regen, viel Sonne, sehr trockenes Klima), da ist die verkehrstechnische Lage (nahe an Visp, extrem gut erschlossen für sämtliche Grossstädte der Schweiz mit der Bahn), da ist weiter die einzigartige Landschaft der Moosalpregion und da wäre am Ende auch ein Reservoir an Übernachtungsmöglichkeiten, um die Gäste mehr als einen Tag beherbergen zu können. Was fehlt, sind Infrastrukturangebote für die Ferienwohnungen.

Moosalbi.ch möchte an dieser Stelle ein Erlebnis aus Frankreich anbringen. Der Gast (in diesem Falle moosalbi.ch) bucht eine Ferienwohnung direkt am Meer, 100 Meter zur Busstation. Der Gast darf dann aber die Schlüssel fünf Kilometer entfernt im Vermietungsbüro abholen, und dies bei drei bis vier Busverbindungen am Tag, von Gästefreundlichkeit keine Rede. Was wünschte sich der Gast, wohlverstanden der Gast, der das erste Mal anreist, und um den gebuhlt wird? Wie stünde es z.B. mit einem Gepäcktransport ab Visp bis zum Bett (gerade für ältere Gäste ein enormes Plus), Betten bezogen (bei Ferienwohnungen) bei der Ankunft, Bon für die erste Moosalpfahrt mit dem Postauto/Alpenschnaggu und und…

Was natürlich nicht geht, ist die Gäste in Zenhäusern samt Koffer und Gepäck umsteigen zu lassen, nur weil der Dienstplan da gerade endet. Moosalbi.ch hat samt Gästen beides erlebt, Chauffeure, die hochfahren und jene, die dann mit einer an eine Dienstanweisung erinnernde Stimme dazu anhalten, das Postauto zu wechseln. Der letztere Punkt kostet zwar geldmässig wenig, dafür jedoch im Marketing unsäglich viel. Die übrigen Punkte kosten zwar auch etwas, und finanziert werden muss es ebenfalls. Aber anstatt derartige juristische Irrläufe zu veranstalten, wäre es allemal sinnvoller, wenn der Gemeinderat sich auf solche Punkte fokussieren würde. Es ist nie zu spät, genauso wie es moosalbi.ch nicht versteht, warum in Bürchen partout niemand die 200 Jahre Zugehörigkeit des Wallis zur Schweiz feiern bzw. touristisch begleiten will.

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