Genau ist anders: Kommentar Studie Wertschöpfung des Tourismus im Wallis 2014

2c_272/2019: Dreistheit im Multipack Foren Zweitwohnungen   Genau ist anders: Kommentar Studie Wertschöpfung des Tourismus im Wallis 2014

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    admin
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    Die vom Walliser Tourismus Observatorium herausgegebene Studie unterscheidet zwischen Hotels, Parahotellerie, Zweitwohnungen und Tagesgästen. Die Zahlen der Hotels würden der HESTA-Datenbank entstammen, weiter würden eigene Daten verwendet und ferner seien drei Umfragen gemacht worden. Eine, um die Ausgaben der Gäste zu schätzen, die zweite befasste sich mit den Zweitwohnungen und die dritte befragte die Leistungeserbringer.

    Grundlage der Studie bilden die Gästefrequenzen sowie ein erfasstes Ausgabeverhalten. Die Hotelzahlen entstammten der HESTA-Datenbank des Bundes: Dort sind für das Jahr 2014 im Wallis 3’887’345 Nächte ausgewiesen, in der Studie sind es 11’137 Übernachtungen mehr. Bei der Parahotellerie wird auf die eigene Lösung ‘Kommerzielle Übernachtungen’ verwiesen, dort endet die Statistik per Oktober 2014, somit kann die Zahl von 5’889’221 Nächten nicht überprüft werden. Bei den Zweitwohnungen gibt die Studie auf Seite 21 immerhin preis, dass einzig Pauschalen zur Anwendung gelangt seien, und dass die Destination selbst entscheiden würden, welche Anzahl Nächte anzunehmen sei.

    Damit ist klar, dass die 3’499’826 Nächte aufgrund einer Schätzung Dritter zustande kamen. Die Anzahl der Zweitwohnungen fehlt, der Hinweis auf interne Daten wenig hilfreich. Beispiel: Der Bericht ‘2010 – OVT – Inventar des Tourismus im Wallis’ des Observatoriums ist alt und ungenau, bei den nicht vermieteten Betten in Zermatt, Saas Fee et al (Seite 9) steht die Anzahl 0, was bedeuten würde, es gibt keine solchen Betten?!? In der Studie selber fehlt die Aufenthaltsdauer der Gäste, eine Überprüfung der Reisekosten so unmöglich. Bei den Tagesausflüglern werden 8’322’261 Gäste gezählt, verwendet wird eine Methode des Institut Tourismus der HES-SO Valais-Wallis, welche unter anderem das Verkehrsaufkommen sowie Indikatoren wie die Abfallmenge misst. Kein Wort zur Genauigkeit der Mehthode, ein Link zur Berechnungsgrundlage der Daten findet sich nicht, der Hinweis ITO als Quellenangabe genügte keiner Arbeit einer Fachhochschule.

    Aufgrund dieser Frequenzen (die mit grösster Vorsicht zu geniessen sind) wurde ermittelt, wer wieviel ausgibt. Bei den Hotels sind es gemäss Studie in Tabelle 7 im Winter 256 Franken und im Sommer 209 Franken, in Abbildung 8 auf Seite 25 dagegen ist von 164 Franken die Rede. Was jetzt? 256+209/2 müsste doch 232.5 ergeben und nicht 164? Zudem steht auf der gleichen Seite, dass bei den Hotels die 2**- und 1*-Hotels nicht erfasst worden wären, weil dazu keine Daten bestünden. In Zermatt z.B. gibt es gemäss http://booking.com mehr als 10% solcher Betriebe!? Ob und wie die Gruppen-Unterkünfte und die Campings den Kategorieren zugewiesen sind, dazu fehlt jegwelche Information. Darunter leidet die Genauigkeit mehr als nur ein wenig.

    Bei der Parahotellerie werden 144+114 Franken auf Seite 24 ausgewiesen, später auf Seite 27 wird der Mittelwert mit 129 ausgegeben, wohlan, diese Zahl stimmt. Bei den Tagesausflüglern sind es 114 Franken (Seite 24), die Zahlen mühsam über Seiten verteilt. Nur bei den Eigentümer/innen von Zweitwohnungen werden die 68 Franken exakt und tabellarisch ausgewiesen. Wenigstens lässt sich daraus die Anzahl der Zweitwohnungen berechnen: 241.39 Mio geteilt mit 2.9 Belegung und 68 Franken pro Gast/Nacht sowie angenommenen 25 Nächten/Jahr ergibt 48964 Wohnungen ohne Vermietung. Gemäss den Zahlen des Bundes gibt es 2014 im Wallis 93215 Zweitwohnungen, womit 44251 Wohnungen für die Parahotellerie übrigblieben, könnte sein, darf es aber nicht.

    Denn gemäss Studie geben die Zweitwohnenden für den Unterhalt pro Jahr 518.8 Mio aus, wobei festgehalten ist, dass der Betrag pro Wohnung 5’454 Franken betrage. 518.8 Mio geteilt durch 5’454 ergibt 95’125 Wohnungen. Dumm nur, dass es diese Anzahl Zweitwohnungen im Wallis gar nicht gibt (93’215 Einheiten). Einmal angenommen, die Zahl von 95’125 Wohnungen stimmte, dann würden bei den Zweitwohnenden nicht einmal mehr 13 Nächte pro Jahr übrigbleiben: 241.39 Mio / 2.9 Belegung / 68 Ausgaben / 95’125 Wohnungen ergäbe 12.86 Nächte pro Gast. Sollten die Unterhaltskosten die Zweitwohnungen und die Parahotellerie zusammen umfassen, dürften die daraus resultierenden Kosten korrekterweise nicht den Zweitwohnenden zugewiesen werden, doch genau dies erfolgt auf Seite 27. Immerhin ist festgehalten, die 68 Franken der Zweitwohnenden entsprächen nur 32% der Kosten, aus 68 Franken werden folglich 212.5 Franken. Damit liegen die Zweitwohnungen pro Tag vorne, und nicht am Schluss, wie die Studie unkorrekt festhält.

    Interessant ferner die getätigten Ausgaben bei der Beherbergung. Bei den Hotels seien es im Winter 112 und im Sommer 83 Franken, bei der Parahotellerie beträgt der Wert im Winter 42 und im Sommer 46 Franken, die Zweitwohnenden werden gar nicht erst erwähnt. Faktisch zahlen diese aber mit den Kosten für den Unterhalt der Liegenschaften (inhärente Kosten) pro Nacht und Bett mit über 145 Franken mit Abstand am meisten. Abgesehen davon sind die Tageskosten von 68 Franken sehr tief angesetzt. 12 Franken für die Sportbahnen, bei 13 Nächten ergibt dies 156 Franken für die Jahreskarte, oder dann dürfte nur jeder achte eine Saisonkarte lösen, realistisch?

    Einer an der Universität St. Gallen im Jahre 2011 verfassten Masterarbeit von Melanie Truffer zur Bedeutung der Zweitwohnungen im Oberengadin kann entnommen werden, dass pro Wohnung und Jahr im Engadin 27’055.– aufgewendet werden. Zwar ist nicht das ganze Wallis mit dem Oberengadin zu vergleichen, Destinationen wie Zermatt, Verbier, Aletsch oder Crans Montana dagegen schon, die 5454 Franken sicher viel zu tief angesetzt. Gemäss Studie ist das Wallis für die Zweitwohnenden steuerfrei, versichert ist nichts, und eine Kurtaxe gibt es auch nicht. Gut, die Kurtaxe von 2160 Franken in Leukerbad gab es noch nicht, mittlerweile kommt auch diese hinzu.

    Nun befasst sich die Studie mit der Wertschöpfung, ohne nach Kosten zu forschen, die benötigt werden, bis ein Gast den Weg ins Wallis findet. Dass die Zweitwohnenden kraft ihrer Präsenz in ihren Wohnorten Gäste quasi frei Wallis liefern, bleibt unerwähnt, weil die Gewinnungskosten gar nicht erst aufgegriffen werden. Zwar wird auf die Wichtigkeit der touristischen Dienstleister verwiesen, doch fehlen Zahlen, welche Wertschöpfung die einzelnen Zielgruppen erwirtschaften. Warum wird denn im ersten Teil genau diese Unterscheidung vorgenommen? Fragen hier, die interessieren würden: Welche Wertschöpfung bringt der Hotelgast, ist jene in der Parahotellerie höher als bei den Zweitwohnungen? Fakt ist, der Gast in der Parahotellerie gibt 129 Franken pro Tag aus, der/die Eigentümer/in einer Wohnung weit über 200 Franken, nur steht dies leider nirgends. Etwas lapidar kommt die Studie zum Abschluss, dass obwohl die Gästezahlen um 15% zurückgingen, heute mehr Personen im Tourismus beschäftigt seien und dass mehr Umsatz (3.39 zu 2.84 Milliarden im Jahr 2010) erwirtschaftet werde.

    Wirtschaftlich betrachtet müssten diese Zahlen beunruhigen. 15% weniger Gäste bei gleichzeitig 19% höheren Preisen bedeutet, das Produkt ist fast 40% teurer geworden (1*1.175*1.19=1.4). Abzüglich Teuerung von 8.3% sind es noch immer ca. 30%. Ferien im Wallis sind zwischen 2000 und 2014 massiv teurer geworden. Ein kleiner Teil mag durch die Kaufkraft im Inland kompensiert werden, für das Ausland ist die Kostensteigerung aufgrund des Wechselkurses astronomisch hoch. Dies gerade bei Zweitwohnungen, liegt die Nacht hier schon heute weit über 200 Franken, womit das 4****-Hotel bald erreicht ist. Wer nun glaubt, das sei kein Problem, sollte sich bewusst sein, dass es im Wallis fast 200’000 Betten in nicht vermieteten Zweitwohnungen gibt, der Markt kann dieses Volumen nicht aufnehmen. Die Eigentümer/innen von Zweitwohnungen dürften sich die Frage stellen, ob sie dafür die Ferien nicht lieber im 5*****-Hotel im Ausland verbringen wollen.

    Abschliessend ist festzuhalten, die Studie enthält viele Angaben, die nicht nachvollziehbar, ja gar widersprüchlich sind und erweist sich daher als unbrauchbar. Aufgrund dessen, dass weder die Anzahl der Zweitwohnungen angeführt ist noch das Verhältnis Parahotellerie zu Zweitwohnungen bei den Einheiten bekannt ist, lassen sich die Angaben nicht überprüfen. Die Zweitwohnungen werden im Vergleich mit 32% (wobei auch diese Zahl nicht überprüfbar ist) der Kosten abgestraft, die dazu gemachten Angaben sind unstimmig, viele Aussagen (nicht nur bei den Zweitwohnungen) halten einer seriösen Überprüfung nicht stand. Genau ist anders, halbwegs genau im übrigen auch.

    Link zu Studie (siehe dort primär ab Seite 21ff):

    http://tourobs.ch/media/142897/wertschoepfung_des_tourismus_im_wallis.pdf

    Link zum Inventar 2010 (siehe dort Seite 9, Saas Fee/Zermatt et al):

    http://tourobs.ch/media/72284/inventaire_du_tourisme_lowrez.pdf

    Zahlen von moosalbi.ch:

    http://mooszwergli.ch/cms/wp-content/uploads/2016/06/zahlen_studie_wertschoepfung_tourismus_wallis_2.xls

    http://mooszwergli.ch/cms/wp-content/uploads/2016/06/zahlen_studie_wertschoepfung_tourismus_wallis_2.pdf

    #1484

    admin
    Keymaster

    In der Vorgängerstudie zur Wertschöpfgung des Tourismus im Wallis aus dem Jahre 2001 steht auf Seite 93, dass die Eigentümer/innen von Zweitwohnungen pro Jahr und Objekt 10’500 Franken für den Unterhalt ausgeben würden. Teuerungsbedingt wären dies ca. 11370 Franken, siehe dazu:

    https://81.201.201.57/data/Ressources/1342593539-T_12_001_Wertschoepfungsstudie.pdf

    Mit anderen Worten, was 2001 noch 11370 Franken kostete, ist im Jahre 2014 für weniger als die Hälfte, für 5454 Franken zu haben. In der älteren Studie finden sich interessante Überlegungen zu den Kosten eines Objektes. Moosalbi.ch meint dazu: Genau(er) war einmal!

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